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Ein bisschen etwas über Quanten...Komplementarität


Ein bisschen etwas über Quanten...Komplementarität

Postby Mike » Wed 2. Jun 2010, 17:03

Was macht die Qauntentheorie und -forschung so interessant?

Quanten und Quantensysteme zeigen im engeren Sinne eine Reihe von
Verhaltensweisen, die bislang von der Mehrheit der Wissenschaftler als einzigartig, d.h.
spezifisch für Quanten im engeren Sinne betrachtet werden. Dazu gehören Komplementarität,
Unvorhersagbarkeit von Observablen, und Verschränkung.

Anderseits gibt eine Reihe von Phänomenen, die bislang nicht so beschrieben werden können,
dass sich die Beschreibung einigermaßen harmonisch mit dem existierenden Weltbild der
Wissenschaft in Einklang bringen lässt. Dazu gehören unter anderem z.B. das Bewusstsein an
sich, mystisches Erleben, sowie die sog. parapsychologischen Phänomene wie Telepathie,
Psychokinese und Prophetie oder auch alternative Heilmethoden wie Homöopathie.

Allerdings bestehen zwischen diesen Phänomenen und dem Verhalten von Quanten gewisse
Übereinstimmungen. Es stellt sich die Frage, ob es sich dabei
lediglich um oberflächliche Ähnlichkeit handelt oder um eine Isomorphie (Gleichartigkeit),
die auf gemeinsam zugrunde liegende Prinzipien schließen lässt.

Komplementarität

Das Komplementaritätsprinzip in der Quantenphysik besagt, dass zur vollständigen
Beschreibung der Natur eines Quantums immer zwei maximal inkompatible Beschreibungen
benötigt werden.
Inkompatibel bedeutet, es gibt keinen gemeinsamen Nenner zwischen diesen
Beschreibungen, sie schließen sich gegenseitig aus, sie können nicht zur gleichen Zeit
zutreffen.
Trotzdem müssen sie beide gelten um das Verhalten von Quanten adäquat zu
beschreiben. Die Beziehung zwischen solchen Beschreibungen wird als komplementär
bezeichnet.
Eine charakteristische Eigenschaft dieser komplementären Beschreibungen ist,
bedingt durch deren erwähnte Inkompatibilität, dass die aus beiden Beschreibungen
resultierende Beschreibung des Quantums unterschiedlich ausfällt je nach dem ob man erst
die eine und dann die andere Beschreibung anwendet oder umgekehrt. Eine weitere
charakteristische Eigenschaft dieser komplementären Beschreibungen ist, dass bei genauerer
Analyse klar wird, dass jede dieser Beschreibungen für sich genommen gar nicht möglich ist
(bzw. keinen Sinn ergibt) sondern immer über die jeweils andere Beschreibung definiert ist.

Ein gutes Beispiel für die Komplementarität in der Quantenphysik ist der sog. Welle-Teilchen
Dualismus. Dieser kommt dadurch zustande, dass das Verhalten eines Quantums vor einer
Bestimmung seines Aufenthaltsortes nur durch Welleneigenschaften (ein Kontinuum)
beschrieben werden kann, bei der Bestimmung seines Aufenthaltsortes aber Teilchencharakter
aufweist (diskret, eingegrenzt).
Kontinuierliche und diskrete Verteilung in Raum und Zeit schließen sich allerdings gegenseitig aus
(Denn, vereinfacht gesagt, kann etwas nicht gleichzeitig nur an einem Ort und an allen Orten zugleich sein).

Andererseits machen weder die eine noch die andere Beschreibung in ihrer „Reinform“ irgendeinen Sinn und bei
genauerem Hinsehen leiten sie sich sogar voneinander ab. (Es ist letztendlich keine Definition
des diskreten Ortes ohne das Konzept des Kontinuums möglich und vice versa.)
Das Komplementaritätsprinzip erscheint trotz seines fundamental paradoxen Charakters
recht leicht übertragbar auf jede Situation in der das Universum in Beobachter und
Beobachtetes unterteilt wird. Jede vollständige Beschreibung von etwas benötigt die
Beschreibung dieses ‚Etwas’ und die Beschreibung des Beschreibers. Diese wiederum
schließen sich sowohl gegenseitig aus, als dass sie sich gegenseitig bedingen. Noch etwas
weiter verallgemeinert trifft dies auf jede Interaktion zu. Jede Interaktion zwischen zwei
Systemen überträgt Information zwischen beiden. Daher kann keines ohne das andere
vollständig beschrieben werden.
Wenn wir nun uns selbst als Teil betrachten und uns in eine Interaktion hineinversetzen wird
klar, dass das, was wir als subjektives inneres immaterielles Erleben (Bewusstein) bezeichnen
und das, was wir als objektive materielle Welt bezeichnen, komplementäre Beschreibungen
sind für die Wirklichkeit, die durch die Partitionierung der Realität entsteht (sprich in der wir
ein Teil unter Teilen sind).
Komplementarität, in diesem Sinne verstanden, ist also die bestmögliche rationale Annäherung an das „Leib-Seele Problem“ oder moderner, das „hard problem of consciousness“. Bewusstsein ist demnach einfach die
Innenseite der Grenze zwischen Subjekt und Objekt, Materie die Außenseite. Warum haben
sich die Philosophen denn nicht längst auf diese so einleuchtende wie einfache Formulierung
geeinigt?
Es ist zu vermuten, dass es daran liegt, dass man auch mit ihrer Hilfe das Paradox nicht los
wird, landet man doch bei der Frage wer denn nun die Innenseite wahrnimmt (Wer schaut aus
meinen Augen heraus, wer riecht mit meiner Nase?) früher oder später wieder unweigerlich
beim Universum als ganzen (sowohl wenn man diese Frage systemtheoretisch analysiert, als
auch wenn man introspektiv vorgeht). Weiterhin ergibt sich meiner Ansicht nach auch
zwingend, dass jedes System, dass sich in irgendeiner Form von seiner Umwelt abgrenzt eine
Form von Innenperspektive, sprich (Proto-) Bewusstsein beinhaltet. Der Grad an
Komplementarität hängt mit dem Grad der gegenseitigen Ausschließung zusammen, so dass
man behaupten könnte, dass die Komplementarität größer ist je größer dessen
Selbstbezüglichkeit ist.
Ganz prinzipiell ergibt sich die Schlussfolgerung, dass jede
Beschreibung unserer Existenz und der gesamten Wirklichkeit ohne Selbstbezüglichkeit nicht
auskommt und daher zutiefst paradox da sein muss. Unser Sehnen nach Widerspruchsfreiheit
kann nur in dem Moment erfüllt werden wo wir aufhören danach zu suchen, und wenn wir sie
schon suchen so sollten wir es im Paradox tun. (Eine Einsicht die in den mystischen
Traditionen schon lange gepflegt wird.)
Eine weitere interessante Überlegung ist die Möglichkeit, Relativitätstheorie und
Quantentheorie als komplementäre Beschreibungen der Wirklichkeit zu interpretieren.
Dafür spräche z.B., dass in ersterer Raum und Zeit dynamisch sind, Objekte in dieser Raumzeit aber definierte Koordinaten einnehmen können während in der Quantentheorie Raum und Zeit absolut definiert sind aber Objekte nur mit einer unüberwindbaren Ungenauigkeit darin lokalisierbar sind. Sollte diese Überlegung
zutreffen, würde das wohl bedeuten, dass alle derzeitigen Versuche diese beiden Theorien in
einer widerspruchsfreien „Theory of Everything“ zu vereinen, zum Scheitern verurteilt sind.

(Teil 1, Fortsetzung folgt)

(Quelle: Promotion v. Nikolaus v. Stillfried, April 2007, für den Autopoietischen Kreis, Zürich)
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